ImpULse
Ausgabe 1/2024
Wachstumschancengesetz und Altersversorgung
Das am 27.03.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Wachstumschancengesetz befasst sich als Artikelgesetz mit verschiedenen steuerrechtlichen Themen. Hier die wichtigsten Änderungen für den Bereich der Altersversorgung im Überblick:
a) Derzeit wird bei Abfindungen oder Kapitalleistungen (insbesondere auch in der bAV) die Fünftelungsregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren angewendet. Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist dies ab 2025 jedoch nicht mehr möglich. Arbeitnehmer bzw. Versorgungsberechtigte müssen sich zukünftig selbst um die Anwendung der Fünftelungsregelung kümmern, und zwar im Rahmen der zum Teil deutlich späteren Einkommensteuererklärung. Es ist fraglich, ob dies allen Arbeitnehmern bzw. Versorgungsempfängern bewusst sein wird.
b) Die Übergangsphase auf die volle nachgelagerte Besteuerung von Leistungen aus gesetzlicher Rentenversicherung wird bis 2058 (bisher: 2040) verlängert. Der Anstieg des Besteuerungsanteils reduziert sich für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von bislang 1%-Punkt auf 0,5%-Punkte jährlich.
c) Bei Leistungen aus Direktzusagen und Unterstützungskassen sinkt der Versorgungsfreibetrag jährlich um 0,4%-Punkte (bisher 0,8%-Punkte) und liegt erst im Jahr 2058 bei 0%. Entsprechend langsamer sinkt auch der Höchstbetrag.
d) Der Altersentlastungsbetrag, der bei der nachgelagerten Besteuerung von Leistungen aus Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen relevant ist, wird ebenfalls langsamer abschmelzen und liegt erst im Jahr 2058 bei 0€.
Rechnungszins für Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz
Der Rechnungszins für Pensionsrückstellungen wird aus dem durchschnittlichen Marktzins der letzten zehn Jahre berechnet. Für die Berechnung einer Ausschüttungssperre ist außerdem der Durchschnittszins der letzten sieben Jahre relevant. Im Vergleich zum Jahresende 2023 hat sich das Zinsniveau leicht nach oben bewegt, womit auch die Zinsprognosen für zukünftige Jahre etwas höher ausfallen. Bleibt das der Durchschnittsbildung zugrunde liegende Zinsniveau zukünftig unverändert, werden sich die Rechnungszinsen beider Berechnungsweisen folgendermaßen entwickeln:
31.12. |
2023 |
2024 |
2025 |
2026 |
2027 |
2028 |
7J-Zins in % |
1,74 |
1,98 |
2,22 |
2,57 |
2,96 |
3,33 |
10J-Zins in % |
1,82 |
1,91 |
2,06 |
2,25 |
2,42 |
2,59 |
Quelle: Eigene Berechnungen zum 01.06.2024.
Beide Durchschnittszinssätze haben ihre Tiefpunkte bereits erreicht und steigen wieder an. Dies führt sowohl bei Pensionsrückstellungen als auch bei Rückstellungen für Jubiläumsleistungen grundsätzlich zu Entlastungen.
Der 7-Jahres-Durchschnittszinssatz liegt zum 31.05.2024 mit 1,84% erstmals über dem 10-Jahres-Durchschnittszinssatz (1,83%). Der Zweck der Einführung des 10-Jahres-Durchschnittszinses im Jahr 2016 war, Unternehmen in Zeiten fallender Zinsen zu entlasten. Diese Entlastung fällt nun weg; Unternehmen werden durch die aktuelle Regelung wieder stärker belastet.
PSV-Beitragssatz 2024
Der Pensions-Sicherungs-Verein VVaG (PSVaG) hatte den Beitragssatz für das Geschäftsjahr 2023 bereits im letzten November auf 1,9 Promille festgesetzt. Obwohl die Zahl der Insolvenzen, für die der PSVaG eintrittspflichtig geworden ist, derzeit ca. 26% über dem Niveau des Vorjahres liegt, wird der Beitragssatz 2024 den Vorjahreswert von 1,9 Promille voraussichtlich nicht überschreiten. Dies gilt jedoch nur, wenn es im weiteren Jahresverlauf keine Großschäden mit hohen Schadenvolumina gibt. Der Beitragssatz für 2024 wird Mitte November endgültig festgesetzt.
Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung
Der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung wird erstmals seit 30 Jahren wieder angehoben: Ab dem 01.01.2025 wird er von 0,25% auf 1% ansteigen. Dies hat das Bundesministerium für Finanzen offiziell bekannt gegeben und reagiert damit auf das gestiegene Zinsniveau. Versicherer dürfen somit ab dem kommenden Jahr wieder Lebensversicherungsverträge mit einer Garantieverzinsung von 1% anbieten.
Die betriebliche Altersversorgung ist hiervon betroffen, wenn Lebensversicherungsprodukte (z.B. zur Rückdeckung) zum Einsatz kommen. Die Erhöhung des Höchstrechnungszinses gilt nicht für laufende Versicherungsverträge; einige Versicherer bieten jedoch für Verträge, die in noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, eine Umstellungsgarantie an.
Invalidenrente und Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in zwei Verfahren zur betrieblichen Invalidenrente zu entscheiden.
Die beklagten Versorgungsregelungen sahen vor, dass ein Mitarbeiter betriebliche Invalidenrente erhält, wenn er wegen Beruf- soder Erwerbsunfähigkeit eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und aus den Diensten des Arbeitgebers ausscheidet. Die Arbeitnehmer hatten geklagt, dass die Regelung unwirksam sei, da sie unzumutbar gezwungen werden, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden, um in den Genuss der Invalidenrente zu kommen.
Das BAG hat jedoch entschieden, dass die für einen Anspruch auf Invalidenrente erforderliche rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig in die Freiheit der Arbeitsplatzwahl der Arbeitnehmer eingreift, wenn die Invalidität durch den Rentenbescheid des gesetzlichen Sozialversicherungsträgers nachgewiesen ist. Der einzelne Arbeitnehmer kennt mit der Bewilligung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente alle relevanten Umstände: seine gesundheitliche Situation, seine persönlichen Verhältnisse und das Rentenverfahren. Er kann diese Umstände bewerten und auf ihrer Grundlage entscheiden, ob und wie lange er am Arbeitsverhältnis festhalten will, wenn das Arbeitsverhältnis nicht ohnehin aufgrund wirksamer (tarif-)vertraglicher Regelung endet. Wünscht er den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, muss er im Gegenzug hinnehmen, in dieser Zeit kein Ruhegeld zu erhalten.
Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers, keine Doppelleistungen erbringen zu müssen und Planungssicherheit zu haben, ist dem Interesse des Arbeitnehmers am Bezug betrieblichen Ruhegeldes bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zumindest gleichgewichtig. Dies gilt auch dann, wenn die gesetzliche Erwerbsminderungsrente – wie regelmäßig – nur befristet bewilligt worden ist. (BAG Urteile vom 10.10.2023 – 3 AZR 250/22 und vom 21.11.2023 – 3 AZR 14/23)
Vereinfachung im Nachweisgesetz
Die Bundesregierung hat sich im März 2024 darauf geeinigt, die Schriftform im Nachweisgesetz durch die Textform gemäß § 126 b BGB zu ersetzen. Konkret soll im Nachweisgesetz künftig der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform ermöglicht werden, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- und Empfangsnachweis erhält. Eine eigenhändige Unterschrift auf Papier, wie es § 126 BGB fordert, ist dann nicht mehr nötig. Nur wenn Arbeitnehmer dies verlangten, müsse der Arbeitgeber ihnen einen schriftlichen Nachweis zur Verfügung stellen.
Geregelt werden soll dies im Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV). Hierzu fand am 17. Mai 2024 die erste Lesung im Bundestag statt.
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